Ein anfangs schnell hingesagtes Wort scheint immer mehr Gewicht zu bekommen: dass der Denkmalschutz in Bayern gegen das Landesamt für Denkmalschutz geschützt werden müsse. Hinter kaum mehr vorgehaltener Hand wird von einer „Machtprobe“ gesprochen. Wer probt da Macht gegen wen? Das Landesamt ist laut Gesetz zuständig dafür, schützenswerte Bauten aus vergangener Zeit zu Denkmälern zu erklären und solche, die diese Eigenschaft wieder verloren haben, aus der entsprechenden Liste zu streichen. Handelt es sich nicht um einzelne Bauten, sondern um ganze Ensembles, muss es sich mit dem Landesdenkmalrat abstimmen. Die Kommunen werden angehört, aber nicht weiter einbezogen.
In München hat das Amt die Denkmalliste mit der Axt ausgeholzt. Von den rund 450 Denkmälern in der Landeshauptstadt stehen zwar nur 17 auf einer Streichliste, von den 20 früheren Dorfensembles aber fast alle. Der Protest ist groß. Viel Porzellan ist zerschlagen. Bauherren fragen sich, was eine Denkmalliste noch wert ist, in der so massiv nachkorrigiert wird. Stadtteilpolitiker nehmen nicht hin, dass die Identität von Quartieren, die sie über Jahre aufgebaut haben, mit einem Federstrich beschädigt zu werden droht. Das Landesamt für Denkmalpflege agiert selbstherrlich und reagiert zugleich verschnupft, dass die Nachqualifizierung und Revision der Denkmalliste an die Öffentlichkeit drang, bevor Fakten geschaffen waren.
Gründlich unterschätzt hat das Amt offenbar, wie sehr Denkmalpflege in den Jahren seit Inkraftsetzen des entsprechenden Gesetzes ein Anliegen von Bürgern geworden ist. Was die Stadt München in den vier Jahrzehnten, in denen es das Münchner Forum nun gibt, gelernt hat – dass man Bürgerinteressen möglichst frühzeitig ermitteln und integrieren sollte, wenn man Erfolg haben will – ist hier, sagen wir es höflich, noch deutlich verbesserungsfähig. Man braucht kein Prophet zu sein um zu sagen: Die öffentliche Debatte darüber, wie wir mit unserer baulichen Überlieferung künftig umgehen wollen, fängt gerade erst richtig an. Wir werden sie aktiv begleiten.
Worüber wir sonst noch berichten, ersehen Sie aus unserer Übersicht rechts. Wir wünschen eine anregende Lektüre.


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  • 2021_DStraeter Maxwerk: D. Sträter
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