Anlässlich des Tags des offenen Denkmals 2025 luden der Arbeitskreis Öffentliches Grün im Münchner Forum gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL), Landesverband Südbayern, dem Denkmalnetz Bayern und dem Verein HochhausSTOP zu einer Veranstaltung nach Schloss Nymphenburg ein. Den einleitenden Impulsvortrag von Klaus Bäumler, Leiter ds AK ‚Öffentliches Grün‘ im Münchner Forum, lesen Sie hier. 

Es sprachen außerdem:
Vortrag Wolfgang Czisch (2. Vorsitzender Verein HochhausSTOP)
Vortrag Wolfgang Niemeyer (Vorsitzender Deutscher Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL), Landesverband Südbayern)
Vortrag Christian Hierneis (Vorsitzender Bund Naturschutz, Kreisgruppe München)

Impulsvortrag Klaus Bäumler vom Tag des offenen Denkmals 2025

Es gilt die Beeinträchtigung des Schlossensembles Nymphenburg durch zwei 155 m hohe Hochhaustürme zu verhindern. Ausgewogenheit und Gleichgewicht des Schlossensembles sind in akuter Gefahr.Eine geniale Komposition von Stadt-Baukunst und Gartenkunst ist vor Schaden zu bewahren. Es geht um unser kulturelles Erbe, das Schlossensemble Nymphenburg, eine Ikone und das Herzstück der Geschichte Bayerns und Münchens mit europäischer Dimension. Die heutige Veranstaltung soll Bedeutung und Schutzwürdigkeit des Schlossensembles als einem Gesamtkunstwerk von europäischem Rang unterstreichen.

Die Münchner Bürger stehen heute hier zum zweiten Mal um eine Hochhausbebauung zu verhindern, die das Schlossensemble empfindlich beeinträchtigen würde.

Bereits vor über zwanzig Jahren, im Jahr 2004, ging es darum Hochhäuser am Birketweg an der Friedenheimer Brücke zu verhindern. Damals waren im Bebauungsplan Nr. 1926 „Birketweg“ vier Hochhäuser – Hochhaus Cercle – mit einer Höhe von 80 m und 120 m geplant. Aus heutiger Sicht nur mit einer Höhe von 80 und 120 m.

Manche von Ihnen erinnern sich vielleicht noch:
Bei einer Höhensimulation am 19. Mai 2004 wurde festgestellt, dass Gebäude mit einer Höhe von über 60 Metern über die Baumkulisse des Schlossrondells hinausragen, also vom Schloss aus sichtbar sind. Um eine Beeinträchtigung des Schloss-Ensembles zu verhindern, wurde 2004 die Höhenentwicklung von der Stadt auf 60 m begrenzt. Vor zwanzig Jahren hatte also die visuelle Integrität des Schlossensembles einen so hohen schützenswerten Rang, dass dies bei der Münchner Stadtplanung berücksichtigt werden musste.

Der 2004 von der Bürgerschaft erkämpfte Schutz des Schlossensembles ist ein Präzedenzfall. Hier und heute geht es erneut darum, mit vereinten Kräften einen verantwortungsvollen Umgang mit unserem kostbaren Kulturerbe einzufordern, zumal die Büschl-Türme die 2004 statuierte Schutzgrenze von 60 m um fast 100 m übertreffen.

  • Unser Appell richtet sich an Stadtbaurätin, Frau Merk.
  • Unser Appell richtet sich auch an OB Reiter
  • und die Mitglieder des Münchner Stadtrats, die dem Bau Türme zugestimmt haben.

Zentrale Frage des Bebauungsplanverfahrens Nr. 2147 war und ist, ob durch die geplanten Hochhaustürme das Schlossensemble Nymphenburg in seinem Erscheinungsbild wesentlich beeinträchtigt wird.

Fundierte Einwendungen der Fachbehörden, der Fachwelt und der engagierten Bürgerschaft gegen die aktuelle Planung wurden bisher in das Verfahren unter anderem eingebracht

Im rund 500 Seiten starken Billigungsbeschluss des Münchner Stadtrats vom 5. Februar 2025 wurden ausnahmslos alle Einwendungen gegen die aktuelle Planung zurückgewiesen. Dies mit der Behauptung, eine wesentliche Beeinträchtigung des Schlossensembles Nymphenburg liege nicht vor. Der Billigungsbeschluß des Stadtrats vom 05.Februar 2025 stützt sich dabei im Wesentlichen auf das Bürgergutachten PaketPost-Areal aus dem Jahr 2022 und eine Ausarbeitung mit dem Titel „Studie zu potenziellen Auswirkungen auf das Schloss Nymphenburg“, erstellt vom Büro Reicher, Haase Architekten aus Aachen, im Auftrag der Büschl-Gruppe.

Zunächst zum Bürgergutachten:

Das Bürgergutachten, durchgeführt im Auftrag des Planungsreferats, beruht auf Äußerungen und Wertungen von einhundertzwölf Münchner Bürgern, ausgewählt im Zufallsverfahren. Die Höhe der Hochhäuser wurde in der Arbeitseinheit mit dem Ergebnis diskutiert,

dass beide Hochhäuser mit einer Höhe von je 155 m gebaut werden können.

Hierzu Zitate aus dem Bürgergutachten:

Das erste Zitat:

„Mit 82 Punkten erhielt die Empfehlung, die Türme mit einer Höhe von 155 m zu bauen, […] die höchste Punktzahl. Vorteil der geplanten Höhe ist, dass die Türme damit einen markanten Orientierungspunkt innerhalb Münchens bilden und sinnbildlich für München als weltoffene Metropole stehen. Die Türme fügen sich gut in das Stadtbild ein, das durch sie interessanter und moderner wird.“

Mit einer Wertung von nur 21 Punkten benannten die Bürger in der Arbeitseinheit 8 die Störung des Stadtbilds als Nachteil.

Hierzu das zweite Zitat:

„Die historische Stadtsilhouette wird durch die Höhe und das Volumen der Türme gestört, die auch von weitem sichtbar sein werden. Dies führt zu einer Beeinträchtigung des Alpenpanoramas und der Denkmäler, insbesondere des Blickes von Schloss Nymphenburg aus.“

Fakt ist aber, dass Planungsreferat, OB und Stadtrat im Jahr 2025 mit einem klaren Votum der Münchner Bürgerschaft konfrontiert sind. Denn nahezu 50.000 Münchner haben mit der Initiative HochhausStop und ihrer Unterschrift gegen die Hochhausplanung protestiert und bekundet, dass sie den Bau von 155 m hohen Türmen an der Paketposthalle ablehnen.

Nun komme ich zur Dokumentation mit dem Titel „Studie zu potenziellen Auswirkungen auf das Schloss Nymphenburg vom Oktober 2024“, erstellt vom Büro Reicher, Haase Architekten.

Diese Studie wird von den Autoren selbst nicht als Gutachten gewertet, und auch nicht so betitelt. Im Billigungsbeschluss vom 05. Februar 2025 stuft das Planungsreferat dagegen die Studie bedeutungserhöhend in rechtlich unzutreffender und irreführender Weise zu einem Gutachten hoch und wertet damit die Studie zu einem Schlüsseldokument auf. Auf diese Weise wird es der Verwaltung möglich, sachliche Einwendungen im Verfahren ohne weitere Begründung mit dem Argument zurückzuweisen, die Einwendungen seien „gutachterlich“ widerlegt. Erschwerend kommt hinzu: Auftraggeber der Studie ist die Büschl-Gruppe, also der Projektentwickler selbst.

Die Büschl-Gruppe als Hauptinvestor des Projekts befindet sich damit in einem eklatanten Interessenkonflikt. Angesichts der Bedeutung der Fragestellung wäre es selbstverständlich gewesen, dass das Planungsreferat selbst einen unabhängigen, öffentlich-bestellten und vereidigten Sachverständigen beauftragt hätte. Eine neutrale, ergebnisoffene Untersuchung der Beeinträchtigungen war nicht gewährleistet, denn bei der Studie handelt es sich eindeutig um ein Investorengutachten,das mehr als kritisch hinterfragt werden muss.

Ein wesentlicher Mangel der Studie zeigt sich unter anderem darin, dass die im Jahr 2004 durchgesetzte Reduzierung der maximalen Höhe der geplanten Hochhäuser auf 60 m von den Autoren der Studie vollständig ignoriert wird.

Das Ignorieren dieser Schutzentscheidung der Stadt durch die Autoren der Studie steht im krassen Widerspruch zu deren Anspruch, eine ergebnisoffene Recherche durchgeführt zu haben. Im Gegenteil kommen die Autoren der Studie ihrem Auftraggeber durch ergebnisorientierte Recherche und Wertungen weit entgegen. Dies zeigt sich unter anderem auch darin, dass die Autoren einräumen, dass die Türme im Schlossrondell deutlich sichtbar sein werden und die städtebauliche Geschlossenheit durchbrochen wird. Auch eine Fokusverschiebung wird von den Autoren für möglich gehalten.

Trotz dieser eingestandenen Beeinträchtigungen werden diese ergebnisorientiert bagatellisiert und die Auswirkungen als mäßig oder untergeordnet gewertet und kurzer Hand als „nicht wesentliche Beeinträchtigungen“ eingestuft.

Als Resumée ist in der Studie zu lesen:

„Abschließend lässt sich somit feststellen, dass die geplanten Türme an der Paketposthalle zwar einzelne Beeinträchtigungen der denkmalgeschützten Schlossanlage Nymphenburg erwarten lassen, diese Beeinträchtigungen jedoch mit Blick auf die hier untersuchten, historisch relevanten Merkmale nur eine untergeordnete Bedeutung aufweisen und somit als nicht wesentlich eingeschätzt werden.“

Im krassen Gegensatz hierzu stellt der Landesdenkmalrat in seinem Beschluss vom 28. Februar 2025 klar,dass die geplanten Hochhäuser an der Paketposthalle zu einer beispiellosen Beeinträchtigung des gesamten Stadtbilds führen würden, insbesondere zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Schloss- und Gartenanlagen Nymphenburgs, einem Ensemble von Weltrang.

Ausdrücklich betont der Landesdenkmalrat, dass die durchgeführten Simulationen gravierende negative Folgen zeigen und das Gutachten – gemeint ist die von mir angesprochene Studie – fachlich völlig inakzeptable Äußerungen zu den Auswirkungen der Hochhäuser auf die Schlossanlage Nymphenburg enthält. Nach gründlicher Analyse der Studie stelle ich fest: Die Studie – vom Planungsreferat als Schlüsseldokument verwendet – wirkt insgesamt verharmlosend und belegt ihre eigenen Thesen nicht. Die gegenwärtige Planung muss gestoppt werden. Der Bebauungsplan Nr. 2147 darf nicht rechtswirksam werden.

Denn 1.:
die geplanten Türme würden als vertikale Dominanten deutlich im Sichtfeld über der Baumkulisse des Schlossrondells erscheinen.

Denn 2.:
der historisch intendierte Kontrast zwischen Schlossensemble und Stadt würde empfindlich gestört.

Denn 3.:
die Silhouette über dem Schlossrondell, die bisher weitgehend unbelastete Blickbeziehungen aufweist, würde durch 155 m hohe Türme irreversibel verändert.

Abschließend eine grundsätzliche Bemerkung:

Die weltweit anerkannte Qualität des Münchner Stadtbilds gehört zu den weichen Standortqualitäten Münchens in der Konkurrenz der europäischen Metropolen und auch in der globalen Konkurrenz. Weltoffenheit, Aufgeschlossenheit und Fortschrittlichkeit zeigen sich nicht in äußerlicher und vordergründiger Anpassung an Global Image und Global Skyline. Welt-Offenheit und alles was dazugehört zeigt sich in einer Stadt und in ihrer Bürgerschaft primär durch geistige und kulturelle Qualität.

Bildquellen:

  • Tag des offenen Denkmals 2025: Klaus Bäumler, Wolfgang Czisch, Wolfgang Niemeier, Christian Hierneis: S. Bäumler
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