Denkmalpfleger Egon Johannes Greipl kritisiert den Münchner Denkmalschutz: Seelenlose Architektur | SZ, 20.02.2018
Die Alte Akademie und ihre Arkaden: Oberbürgermeister Dieter Reiter muss ein Machtwort sprechen
Mit Stadtratsbeschluss vom 31. Januar 2018 hat die Stadtratsmehrheit von CSU und SPD die Eckdaten für den Bebauungsplan Nr. 1975 entscheidend zu Gunsten des Investors geändert. Das Bebauungsplanverfahren für die Alte Akademie an der Neuhauser Straße wird nach dem Willen der Stadtratsmehrheit von CSU und SPD auf der Grundlage durchgeführt, dass die Arkaden, also der öffentliche Raum, zu Gunsten von Ladenflächen ganz erheblich reduziert werden:
Die Arkaden im sog. Kopfbau werden geschlossen, die Arkaden entlang der Neuhauser Straße im Bereich des Hettlagebaus werden auf ein Maß von „4,00 m +“ reduziert, die Arkaden an der Kapellenstraße insgesamt geschlossen.
- Diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit steht im eklatanten Widerspruch zu den Altstadt-Leitlinien, vom Stadtrat im November 2015 beschlossen.
- Diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit schafft einen Präzedenzfall mit Dominoeffekt.
- Diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit weicht in einem wesentlichen Parameter von den Eckdaten des Aufstellungsbeschlusses ab.
- Diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit weicht von dem im Wettbewerb prämierten Entwurf ab.
- Diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit weicht von den Vergaberichtlinien des Freistaats im Rahmen des Bieterverfahrens ab.
- Durch diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit entledigt sich die Stadt München ihrer Verantwortung für den öffentlichen Raum und überlässt das Ringen um die Erhaltung der Arkaden im Rahmen des Urheberrechts der Tochter des Architekten Josef Wiedemann, die das Risiko einer rechtlichen Auseinandersetzung auf sich nehmen müsste.
- Durch diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit unterwirft sich die Stadt München den Vorstellungen des Investors ohne Wenn und Aber.
- Durch diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit gewährt die Stadt München dem Investor – ohne hierzu verpflichtet zu sein – eine Mehrung der Verkaufsfläche von über 400 qm zu Lasten des öffentlichen Raums.
- Durch diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit verschafft die Stadt München dem Investor unmittelbar den wirtschaftlichen Ertrag dieses Flächenzuwachses auf die Dauer von 65 Jahren in mehrstelliger Millionenhöhe, da der Freistaat Bayern dem Vernehmen nach im Erbbaurechtsvertrag auf die verkehrsübliche Gleitklausel bei etwaiger Mehrung der Nutzfläche verzichtet haben soll.
- Durch diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit lässt die Stadt München die gewinnträchtige Reduzierung der Arkaden um 400 qm auf 200 qm in ihrer eigenständigen Verantwortung als Trägerin der Planungshoheit zu.
- Im Rahmen des Bieterverfahrens hat der Freistaat Bayern auf die dauerhafte und rechtsverbindliche Sicherung der gesamten Arkadenfläche durch die Stadt München ausdrücklich hingewiesen.
- Hätte der Freistaat Bayern im Bieterverfahren einen solchen Eingriff in den öffentlichen Raum durch Reduzierung der Arkaden als möglich erachtet, hätte er sich als Grundstückseigentümer zu Recht dem Vorwurf ausgesetzt, auf Kosten der Bürgerschaft Profit zu machen.
- Durch diese Entscheidung der Stadtratsmehrheit gibt die Stadt München zur einseitigen Gewinnmaximierung des Investors eine das Stadtbild prägende Situation auf, die unter Oberbürgermeister Thomas Wimmer geschaffen und in der Ära der Oberbürgermeister Dr. Hans-Jochen Vogel, Georg Kronawitter und Christian Ude bewahrt wurde.
Oberbürgermeister Dieter Reiter, der – aus welchen Gründen auch immer – in der Stadtratsdebatte am 31. Januar 2018 geschwiegen hat, muss jetzt ein Machtwort sprechen, damit seine Politik im Rathaus weiterhin glaubwürdig bleibt.
Dr. Detlev Sträter, 1. Vorsitzender des Programmausschusses
Klaus Bäumler, 2. Vorsitzender des Programmausschusses
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Zudem veröffentlichte das Münchner Forum am 05. Februar 2018 eine Pressemitteilung von Karl Klühspies mit Stimmen von Dr. Detlev Sträter und Klaus Bäumler.
„Die Entscheidung […] stellt in ihrer Frechheit ein bislang unerreichtes Projekt dar und bedeutet die endgültige Kapitulation der Stadtplanung vor einem Investment-Klüngel, der sich bereits den größten Teil der Altstadt-Kaufhäuser in München untertan gemacht hat und diese Machtposition offenbar rücksichtslos auszubauen und zu nutzen beabsichtigt.“
Unsere Pressemitteilungen stießen auf vielfältige Reaktionen:
AZ:
Münchner Forum erneuert Kritik | Alte Akademie: Hitzige Debatten gehen weiter, 06.02.2018
Süddeutsche Zeitung:
Kritik an Plänen für Alte Akademie, 05.02.2018 Politisches Manöver, 06.02.2018
Münchner Merkur:
„Stadtplanung kapituliert vor Investment-Klüngel“, 06.02.2018 (online nicht verfügbar)
Am 12. Februar wendete sich die Bayerische Akademie der Schönen Künste in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Reiter.
Der Stadtratsbeschluss zum Umbau der Alten Akademie vom 31. Februar 2018 wurde vielfach aufgegriffen:
Münchner Merkur:
Alte Akademie: Rückbau genehmigt, Investor darf ran an die Arkaden, 01.02.2018
AZ:
René Benko finanziert CSU-Ball – Im Gegenzug Umbau der Alten Akademie?, 01.02.2018
Stadtrats-Beschluss: Die Alte Akademie wird umgebaut, 31.01.2018
Weiter heftiger Streit um die Alte Akademie, 31.01.2018
Süddeutsche Zeitung:
Millionengeschenk an Investor, 31.01.2018
Investor darf Alte Akademie nach seinen Plänen umbauen, 30.01.2018
Der Bürger als Bauherr, 31.01.2018
CSU wegen Sponsoring durch Signa in der Kritik, 31.01.2018
Leserbriefe in der SZ, 04.02.2018
weitere Inhalte zur Alten Akademie
https://muenchner-forum.de/2018/01/31/honi-soit-qui-mal-y-pense/
https://muenchner-forum.de/2017/03/10/standpunkte-03-2017-alte-akademie/