Stadtgärtendirektor Jakob Heiler, Schöpfer des Hinterbrühler Parks. Sein früher Isar-Plan:
Wiederherstellung des Hinterbrühler Parks als Erholungs- und Naturraum
Keine Verlängerung des Pachtvertrags mit dem Münchner Golfclub

| Klaus Bäumler |

„Was Du tust, das tue recht. Besser nichts, als etwas schlecht.“ Mit diesen Worten begann Jakob Heiler im Jahr 1909 seinen Vortrag „Der gärtnerische Schmuck der Stadt München in den letzten 25 Jahren“ in der Mitgliederversammlung der Bayerischen Gartenbaugesellschaft. 1884 war Jakob Heiler im Alter von 29 Jahren in den Dienst der Stadt München getreten. Fast vierzig Jahre setzte er sich bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1921 erfolgreich für ein „Grünes München“ ein. Zu seinem 60. Geburtstag am 29.12.1915 würdigte ihn die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst: „Wer den Fortschritt des Gartenwesens der Stadt München in den letzten Jahrzehnten verfolgt hat, wird zugeben, dass Herr Heiler stolz sein darf, wenn er an diesem Tage zurückschauend den Entwicklungsgang seines Verwaltungsgebiets von kleinen Anfängen im Jahre 1884 bis zu dem derzeitigen Umfange überblickt. Es erübrigt sich, dies mit Zahlen zu belegen. München und seine Anlagen sind allgemein bekannt und Heilers Verdienste um deren Entwicklung ebenso.“

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird das verdienstvolle Wirken von Jakob Heiler nur mehr sporadisch wahrgenommen. Eine Gesamtwürdigung seiner Lebensleistung steht bis heute aus. Es war Stadtgartendirektor Ernst Rupp, der 1986 Christoph Valentien und Amrei Mosbauer (Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur TUM) mit einer Dokumentation der grünplanerischen Aktivitäten der Stadt München in den Jahren 1884-1921 beauftragte. Schwerpunkt der Recherchen war damit der Zeitraum, in dem Jakob Heiler zunächst als Stadtgärtner und ab 1899 als Stadtgärtendirektor wirkte. Diese Dokumentation mit dem Titel „Von der Stadtgärtnerei zur Stadtgärtendirektion. Die Entwicklung des städtischen Grüns in München unter Jakob Heiler 1884-1921“ liegt nur in wenigen Exemplaren als Typoskript vor und ist – soweit ersichtlich – in Bibliotheken nicht erhältlich.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts von Valentien und Mosbauer zu den städtischen Grünanlagen sowie die Entwicklung der Münchner Stadtgärtnerei in der Zeit von 1839 bis zu den 1990er Jahren sind publiziert im Oberbayerischen Archiv 1991, Bd. 115, S. 206-264 unter dem Titel „Die Kommunale Grünentwicklung in München“.

Fast vier Jahrzehnte Direktor der Stadtgärten

In der Gesamtschau der Münchner Stadtgärtendirektoren nimmt Jakob Heiler in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Rein statistisch gesehen sind die Münchner Stadtgärtendirektoren im Schnitt 15 Jahre in Amt und Würden. Jakob Heiler liegt mit einer aktiven Zeit von 37 Jahren im Dienst des Münchner Stadtgrüns weit über diesem Durchschnitt.

Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hat es Jakob Heiler verstanden, seine Wirksamkeit als Stadtgärtendirektor wortgewandt anschaulich darzustellen und zugleich in den Printmedien für die Nachwelt zu dokumentieren. Im Jahresbericht der Bayerischen Gartenbaugesellschaft von 1902 findet sich der Vortrag Jakob Heilers „Die Gartenkunst in München“. Dieser Arbeitsbericht aus erster Hand ist – mit vielen Details angereichert – auch heute noch spannend zu lesen. Zu seinem 25-jährigen Dienstjubiläum zieht Jakob Heiler 1909 in seinem Vortrag vor der Bayerischen Gartenbau-Gesellschaft eine positive Bilanz seines Wirkens (Bericht über die Tätigkeit der Bayerischen Gartenbau-Gesellschaft in den Jahren 1908 und 1909, S. 161-172). Besonders bemerkenswert ist ein Beitrag von Jakob Heiler unter dem Titel „Münchens Gartenwesen“ in der Publikation „Hygienische und soziale Betätigung deutscher Städte auf den Gebieten des Gartenbaus“, die 1904 im Rahmen der internationalen Kunstausstellung und Gartenbauausstellung in Düsseldorf von August Hoffmann bearbeitet wurde. Dokumentiert sind die Ergebnisse einer Umfrage bei über 60 deutschen Städten mit über 50.000 Einwohnern zu den Themenkreisen Volksgärten und öffentliche Anlagen, Öffentliche Sport- und Spielplätze, Beförderung des Kleingartenbaus (Schreber-Gärten), Schulgärten, Vorgärten an Straßen, Balkon- und Balustradenschmückung, Straßenbepflanzung, Kosten der Gartenanlagen und Übersicht der in Stadtstraßen gepflanzten Bäume. Neben dem Münchner Beitrag Jakob Heilers berichten weitere 33 deutsche Städte („Aachen bis Zwickau“) detailliert über ihre öffentlichen Grünanlagen.

Gestaltung der Parks beidseits der südlichen städtischen Isar

Das erfolgreiche Wirken Jakob Heilers für das „Grüne München“ über nahezu vier Jahrzehnte hinweg wurde durch besondere Umstände begünstigt. Jakob Heiler hatte die volle Unterstützung des Bürgermeisters Wilhelm von Borscht (1857-1943) und des Kommunalreferenten Heinrich Schlicht (1864-1932). Wilhelm von Borscht, Jurist und Zentrumspolitiker, wurde mit 31 Jahren Zweiter Bürgermeister und hatte von 1893 bis 1919 das Amt des Ersten Bürgermeisters bzw. Oberbürgermeisters inne. Die Entwicklung Münchens zur modernen Großstadt mit den notwendigen Infrastruktureinrichtungen (z.B. Großmarkthalle, kommunale Gasversorgung, kommunale Energieversorgung, Bau des Isarwerks I, Tierpark Hellabrunn, Deutsches Museum) wurde von Borscht in seiner Amtszeit entscheidend gefördert. Seine besondere Liebe zur Natur und seine „Grün-Affinität“ zeigt sich bis heute an dem Garten, den er sich bei seinem Landhaus in Prinz-Ludwig-Höhe am Isarhang hat anlegen lassen. Heinrich Schlicht, Jurist, war von 1898 bis 1928 als Kommunalreferent tätig. Wenn weite Bereiche des Isarraums bis nach Grünwald im Eigentum und damit in der „Schutzhoheit“ der Stadt München stehen, ist es dem tatkräftigen und rechtskundigen Engagement von Heinrich Schlicht zu verdanken, der den Zielen des Isartalvereins sehr nahestand (vgl. Franz Schröther: Heinrich Schlicht 1864-1932 – ein Pionier der Kleingartenbewegung in München. In: Standpunkte 7.2016 (Juli), S. 12).

Das öffentliche Grün beidseits der Isar für die Bürgerschaft zu erhalten und zugleich naturnah zu gestalten: dieses Anliegen Jakob Heilers ist aus aktuellem Anlass besonders zu würdigen. Schon in seinem Vortrag 1902 betont Heiler: „Von den parkartigen Anlagen besitzen die städtischen Isaranlagen nicht allein räumlich die größte Ausdehnung, sondern sie bieten auch in landschaftlicher Beziehung die meiste Abwechslung. Am rechtsseitigen Ufer bei Großhesselohe beginnend, erstrecken sie sich vielfach von der Isar durchquert auf eine Länge von 7,5 km bis zur Kohleninsel, wo sie den Anschluß an die königlichen Maximilians- oder Gasteiganlagen haben, mit welchen sie in München eine 16 km lange ununterbrochene Promenade bilden. Steil aufsteigende Felswände, eine herrliche Aussicht auf die prächtigen Gipfel der Alpen, tosende Wasserfälle des reizenden Gebirgsflusses bei der Marienklause, der bald auen-, bald waldartige Charakter des Geländes, versetzen den Lustwandelnden in eine Gebirgsgegend – und doch ist er nur wenige Kilometer vom Getriebe der Münchner Großstadt entfernt.“

Das Isarwerk an der Zentralländstraße 41

Abb. 2: Das Isarwerk an der Zentralländstraße 41

 

Genehmigungsbescheid 1907: Öffentliche Grünanlagen kompensieren Isarregulierung und Werkkanalsbau

In seinem oben erwähnten Vortrag von 1909 „Der gärtnerische Schmuck der Stadt München in den letzten 25 Jahren“ spricht Jakob Heiler die zu diesem Zeitpunkt aktuellen Eingriffe in die landschaftlichen Schönheiten des Isartals durch die Isarregulierung und den Bau des Werkkanals sowie den Bau des Isarwerks I an.

Unter Berufung auf eine kritische Äußerung von Prof. Gabriel von Seidl, dem Gründer des Isartalvereins, bringt Heiler zum Ausdruck, dass mit den Grünanlagen, die zugleich mit diesem technischen Großprojekt neu angelegt werden, das wiedergutgemacht wird, was die Ingenieure an der Schönheit der Isar gesündigt haben. Diese „Wiedergutmachung“ an der Schönheit der Isar war rechtsverbindlich abgesichert.

Denn das städtische Großprojekt des Isarwerks I, verbunden mit dem Bau des Werkkanals, war sehr umstritten, da es einen erheblichen Eingriff in den Natur- und Landschaftsraum der stadtnahen Süd-Isar darstellte.

Deshalb wurden in dem von der Stadt München selbst erlassenen und von Bürgermeister Wilhelm von Borscht unterzeichneten Genehmigungsbescheid vom 10.07.1907 für den Bau und Betrieb des Isarwerks I bis heute verbindliche Auflagen „im Hinblick auf die Erhaltung der landschaftlichen Schönheiten des Isartals und zum Zwecke der Nutzbarmachung der Anlagen für die Besucher des Isartals“ festgesetzt.

Hiernach sind – nach Maßgabe der Auflage Nr. 48 – die in der Nähe der Isarufer gelegenen, schon im Stadtbesitz befindlichen Flächen ähnlich wie die weiter abwärts an der Isar zwischen den Thalkirchner Überfällen und der Wittelsbacher Brücke gelegenen städtischen Flächen, als Park anzulegen und der öffentlichen Nutzung zu übergeben.

Gemäß der Auflage Nr. 48 realisierte die Stadt München auf der Grundlage der Pläne von Jakob Heiler auf den stadteigenen Grundstücken zwischen dem Werkkanal und dem heutigen Hinterbrühler Weg den „Hinterbrühler Park“ mit dem Hinterbrühler See.

Der Hinterbrühler See

Abb. 3: Der Hinterbrühler See

 

Verpachtung der Golfplatzflächen verstößt gegen Rechtsauflagen

Seit den 1950er Jahren verpachtet die Stadt München eine Fläche von 140.000 qm des Hinterbrühler Parks an den Münchner Golfclub zur Nutzung als Golfplatz. Damit verstößt die Stadt München eklatant gegen die bis heute rechtsverbindliche Auflage, dass diese Flächen „der öffentlichen Nutzung zu übergeben sind“.

Der Pachtvertrag der Stadt München mit dem Münchner Golfclub (MGC) auf dem Gebiet des Hinterbrühler Parks endet zum 31.12.2024. Die vom Golfclub geforderte Verlängerung des Pachtvertrags widerspricht den rechtsverbindlichen Auflagen im Bescheid vom 10.07.1907, da eine Nutzung des 140.000 qm großen Areals als Golfplatz ausgeschlossen ist.

Es bleibt zu hoffen, dass die Stadt München die rechtswidrige Verlängerung des Pachtvertrags unterlässt und nach Beendigung des Vertrags den von Jakob Heiler geschaffenen Hinterbrühler Park als Erholungs- und Naturraum für die Münchner Bürgerschaft im beliebten Hauptausflugsgebiet der Süd-Isar wiederherstellt. (Siehe auch Stadtratsantrag S. 60)

Autor:
Klaus Bäumler ist 2. Vorsitzender des Programmausschusses des Münchner Forums, dort Leiter des Arbeitskreises „Öffentliches Grün“ und Richter (rtd.) am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

 

Dieser Text stammt aus dem Online-Magazin STANDPUNKTE 12.2020/01.2021 zum Themenschwerpunkt “München und sein Urbanes Grün”.

 

 

Bildquellen:

  • Das Isarbett – eine große Grünfläche inmitten der Stadt: Huifang Luo
  • Zentrallaendstr._41_Isarwerk_1_Muenchen-4_Wikimedia_Rufus46_S: RUFUS46, WIKIMEDIA
  • Hinterbruehler_See_Muenchen-12_Wikimedia_Rufus46_S: RUFUS46, WIKIMEDIA
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