Interview mit Julianna Günther und Wolfgang Wittmann

| Eric Treske |

Eric Treske: IBA oder ausgeschrieben „Internationale Bauausstellung“, können Sie bitte unseren Leserinnen und Lesern erklären, welche Idee sich dahinter verbirgt?

Wolfgang Wittmann: Kurz formuliert, die IBA ist eine Art großer „Think Tank“ mit Tradition, ein Format, das mit der Stuttgarter Weißenhofsiedlung vor 100 Jahren seinen Anfang nahm und mit der IBA Emscher Park wohl seinen prominentesten Vertreter hat. Es ist ein Ausnahmezustand auf Zeit, wo Akteure der Region intensiv vernetzt werden sollen, um umsetzungsorientierte Vorzeigeprojekte zu generieren.

Julianna Günther: Eine IBA ist eine Initiative auf Zeit, die sich mit den Herausforderungen einer Stadt oder Region beschäftigt. Initiiert wird eine IBA zum Beispiel von Gebietskörperschaften, Kommunen oder Ländern – in unserem Fall stehen als Gesellschafter die Städte München, Ingolstadt und Augsburg, die Landkreise München und Freising sowie der Europäische Metropolregion München (EMM) hinter der IBA-Gesellschaft.

Eric Treske: Die IBA in der Metropolregion trägt den Zusatz: „Räume der Mobilität“. Welche Themenfelder verbergen sich dahinter? Oder was ist das Besondere an dieser IBA?

Julianna Günther: Die IBA bietet in den kommenden zehn Jahren einen Rahmen, um Mobilität und deren räumliche, ökologische und soziale Auswirkungen auf unsere Städte, Gemeinden und Landschaften mit einer Vielzahl von Akteuren weiter, breiter und neu zu denken. Es gibt sieben Projektkriterien. Außerdem sollte sich jedes Projekt bestimmten Zukunftsfragen widmen. Die Projektkriterien und Zukunftsfragen sind auf unserer Webseite abrufbar. Sie sollen die Projektträger:innen bei der Diskussion, Einordnung und Weiterentwicklung ihrer Ideen unterstützen.

Wolfgang Wittmann: Zum einen ist es die erste IBA in Bayern und zum andren die erste IBA, die sich mit dem Thema Mobilität beschäftigt. Und da dies nicht an den Grenzen der Landeshauptstadt oder den umliegenden Städten und Landkreisgrenzen endet und ineinander übergreift, trifft die Überschrift das Ziel sehr gut, sich mit den vielfältigen Räumen der Mobilität als Ganzes zu beschäftigen.

Eric Treske: Die Laufzeit einer IBA beträgt in der Regel 10 Jahre. Wann werden wir als Bürgerinnen und Bürger die ersten Projekte sehen? Oder anders gefragt: Was passiert in den nächsten Jahren?

Wolfgang Wittmann: Nach einer intensiven Vorbereitungszeit sind letzten Herbst die IBA GmbH gegründet worden und erste Mitarbeiter*innen eingestellt worden. Ab Herbst wird Herr Prof. Dr. Oliver Weigel als kuratorischer Geschäftsführer seine Tätigkeit beginnen. Auch die sogenannte IBA Unit der EMM, in der sich neben Gebietskörperschaften auch die Wirtschaft und Wissenschaft vernetzt, tauscht bereits erste Projektideen aus, um deren Eignung für die IBA zu eruieren.

Julianna Günther: Seit Juli befindet sich die IBA in der ersten entscheidenden Phase – wir suchen Ideen und Impulse für Projekte zum Thema „Räume der Mobilität“. Dabei hoffen wir bewusst auf eine große Bandbreite von Ideen – von kleinen, schnell umsetzbaren Impulsen für Räume der Mobilität bis hin zu Projekten, die langfristig entwickelt werden – auch über die Laufzeit der IBA hinaus. Ein erster Stichtag für die Einreichung von Projektideen ist Dienstag, 15. Oktober 2024. Projektideen, die bis zu diesem Tag eingereicht werden, werden bei ersten “Tag der IBA-Projektideen” am Mittwoch, 4. Dezember 2024, im Haus der Architektur (Waisenhausstraße 4, 80637 München) vorgestellt. Bei dieser Veranstaltung sind Projektansätze erstmals sichtbar – und wir hoffen, dass aus diesem Portfolio an Ideen dann schon erste IBA Kandidaten und später ganz konkrete IBA-Projekte entstehen. Im Jahr 2034 schließlich wird all dies dem internationalen Publikum in der gesamten Metropolregion präsentiert.

Eric Treske: Gibt es schon erste Projekt-Beispiele, die Sie nennen können, um die Idee hinter der IBA noch einmal greifbarer zu machen?

Wolfgang Wittmann: Wir hatten in den letzten beiden Jahren „IBA Walks“ in Erding, Freising, Donauwörth, Augsburg und Ingolstadt, wo unterschiedlichste Problemlagen und Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert wurden. Da ging es hauptsächlich um Konversionslagen und innovativste Mobilitätskonzepte für Quartiere und Ideen für Anbindungslösungen von Zentren an den ÖV mit z.B. autonomen Shuttlen oder Seilbahnlösungen. Aus meiner Sicht werden in den nächsten zehn Jahren aber unbedingt auch Flugtaxis, Hyperloops und Ideen zur Mobilitätsvermeidung eine große Rolle spielen. Aber meiner Meinung nach nicht zu vergessen ist die unbedingt damit einhergehende intensive Verbesserung der Qualität des bestehenden ÖV’s, um sich wirklich glaubwürdig einem internationalen Publikum als Modellregion für Mobilität präsentieren zu können!

Julianna Günther: Wir sind schon sehr gespannt, welche Ideen im Rahmen unseres Projektaufrufs eingereicht werden. Aber natürlich wissen wir bereits von Akteuren, die schon ihr Interesse an einer Projektentwicklung mit der IBA signalisiert haben. Nehmen Sie zum Beispiel die IBA-Projektidee  „Nachbarschaftsregion“. Dabei geht es um die Vernetzung der Landkreise und Gemeinden um den Flughafen. Sie sehen: Wir suchen nicht nur konkret „gebaute“ Räume der Mobilität, sondern beispielsweise auch virtuelle Räume oder eben – wie im Beispiel der Nachbarschaftsregion – Innovationen für Kooperationen oder Prozesse. Wichtig zu wissen: Als IBA setzen wir die Projekte nicht selbst um, sondern unterstützen die Projekttragenden, indem wir beispielsweise gemeinsam Ideen weiterentwickeln, bei der Suche nach Fördermöglichkeiten unterstützen oder schon einmal sich ergänzende Projektideen und neue Koopertionspartner*innen vernetzen.

Eric Treske: Wie können sich Initiativen und Vereine, wie z.B. das Münchner Forum, in die IBA einbringen, welche Möglichkeiten sehen Sie dafür? (Oder werden wir eher am Rand stehen?)

Julianna Günther: Eine Projektidee einreichen, das kann jeder und jede – auch das Münchner Forum zum Beispiel. Wenn später nach der Einreichung klar ist, dass sich eine Idee zum IBA-Kandidat oder IBA-Projekt qualifiziert, ist mindestens eine Mitgliedschaft in der IBA-Unit des EMM obligatorisch – über diese IBA-Unit hatte Wolfgang Wittmann ja bereits gesprochen. Der Mitgliedsbeitrag ist aus unserer Sicht zwar eher symbolischer Natur, aber eben ein wichtiges Bekenntnis zu einer gemeinsamen Weiterentwicklung der Projektidee – da ziehen dann die Projekttragenden und unser IBA-Team an einem Strang.

Wolfgang Wittmann: Natürlich sollen und müssen Initiativen wie die Ihre in den Prozess eingebunden sein. Aktiv können Sie sich und andere Organisationen über den EMM und die IBA Unit einbringen. (Infos dazu und zur IBA allgemein unter: https://iba-m.de/ und zur IBA Unit der EMM im speziellen www.iba-unit-emm.de), aber es wird sicher auch zahlreiche Foren der öffentlichen Ideenfindung geben.

Die Interviewten:

Wolfgang Wittmann ist seit 2013 Geschäftsführer des EMM e.V., der Organisation und Netzwerkplattform der Metropolregion München.

Julianna Günther ist aktuell Geschäftsführerin der IBA GmbH (Stand Juli 2024).

 

Dieser Text stammt aus dem Online-Magazin STANDPUNKTE 07./08./09.2024 zum Themenschwerpunkt “Die IBA: Hintergrund, Gedanken und Projektvorschläge”

 

Bildquellen:

  • Julianna Günther und Wolfgang Wittmann: Eric Treske
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