Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten 2023
| Attila Lüttmerding |
Für die Studie „Mobilität in Städten – System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) 2023“ der Technischen Universität Dresden wurden 2023 über 40.000 Münchner*innen zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt.
Der größte Anstieg wurde hierbei beim Zufußgehen festgestellt: 33 Prozent aller Wege legte die Münchner Bevölkerung 2023 zu Fuß zurück – das sind neun Prozent-Punkte mehr als 2017. Auch der Anteil der Wege, die mit dem Fahrrad zurückgelegt wurden, stieg in diesem Zeitraum an (plus drei Prozent-Punkte). Der öffentliche Personennahverkehr erreichte 2023 nahezu die Werte vor der Corona-Pandemie, während die Autonutzung deutlich zurückgegangen ist (von 34 auf 24 Prozent).
Insgesamt wurden 76 Prozent aller Wege 2023 von den Münchner*innen mit umweltverträglichen Verkehrsmitteln – zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem ÖPNV – zurückgelegt. Gerade in der Freizeit sind die Münchner*innen gerne zu Fuß unterwegs (37 Prozent), den Arbeitsweg legen sie am häufigsten mit dem öffentlichen Personennahverkehr zurück (36 Prozent). Wer radelt, legt immer weitere Wege zurück, was unter anderem auf die starke Elektrifizierung des Radverkehrs zurückzuführen ist.

Vergleich der Anteile der Verkehrsmittel an den Gesamtwegen der Münchner*innen (Modal Split) 2023 laut System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV)
Die in den vergangenen Jahren geplanten und umgesetzten Infrastrukturmaßnahmen, wie sicherere Fußwege, neue Radwege und die Entwicklung von Stadtquartieren nach dem Prinzip der „Stadt der kurzen Wege“, entsprechen dem Wandel im Mobilitätsverhalten, den die neuen Daten offenlegen. Ein wichtiger Grund für die positive Entwicklung beim Fußverkehr ist das weiterhin verbreitete Homeoffice. 16 Prozent der Befragten gaben an, am Befragungs-Stichtag im Homeoffice tätig gewesen zu sein. Fahrten zum Arbeitsplatz über weite Entfernungen, die häufig mit dem Pkw zurückgelegt wurden, werden nun eingespart. Besorgungen, die früher mit dem Arbeitsweg verbunden wurden, werden nun zu Fuß getätigt, und je weiter der Arbeitsplatz entfernt ist, desto häufiger arbeitet man im Homeoffice.
Auch kleinere Maßnahmen, die das Zufußgehen und das Radfahren sicherer machen, wie Geschwindigkeitsreduzierungen, neue Querungshilfen und zusätzliche Fahrradabstellanlagen, tragen den veränderten Gewohnheiten Rechnung. Auf die Frage, mit welchen Verkehrsmitteln sie im Alltag gerne unterwegs seien, äußerten 88 Prozent der Teilnehmenden, dass sie gerne zu Fuß gehen. 77 Prozent fahren gerne Fahrrad, 65 Prozent nutzen gerne den öffentlichen Nahverkehr und 56 Prozent gaben an, dass sie gerne Auto fahren.
Die Studie der Technischen Universität Dresden findet regelmäßig alle fünf Jahre zeitgleich in mehr als 500 deutschen Städten und Gemeinden statt. Der Stadtrat hatte 2022 beschlossen, dass sich München ebenfalls an diesem „System repräsentativer Verkehrsbefragungen“ beteiligt. Über 40.000 Münchner*innen in 22.300 Haushalten wurden zwischen Februar 2023 und Januar 2024 befragt.
Ergebnisse der Auswertung von Mobilitätsdaten 2024
Die Bevölkerung in München nahm von 2023 bis 2024 um etwa ein Prozent zu. Im Vergleich zu 2019 lag 2024 die Bevölkerung um 2,8 Prozent höher.
Die Anzahl der in München registrierten Kfz lag im Dezember 2024 um 0,8 Prozent über dem Wert von Dezember 2023. Gegenüber 2019 ist dies ein Anstieg um 5 Prozent. Somit lag 2024 der Kfz-Zuwachs leicht unter dem Bevölkerungszuwachs. Jedoch ist die Zahl der registrierten Kfz in München sehr volatil. Es wurden 2024 rund 190.000 Kfz angemeldet und rund 183.000 Kfz abgemeldet, insgesamt sind in München aktuell etwa 895.000 Kfz registriert.
Entgegen dem rückläufigen Trend seit 2021 ist die Zahl der registrierten Privat-Pkw im Dezember 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat um etwa 0,3 Prozent leicht angestiegen (gegenüber 2019 um plus 1,8 Prozent). Die Zahl der in München registrierten gewerblichen Pkw ist hingegen leicht um 1,2 Prozent gesunken, was auch gegen den Trend ist, da seit 2019 die Zahl der gewerblichen Pkw um 6,7 Prozent deutlich anstieg. Besonders stark, um 11 Prozent im Jahr 2024, ist die Zahl der in München registrierten Lkw (>3,5t Nutzlast bzw. >6t Gesamtmasse) gestiegen. Dies ist vor allem auf die hohe Zahl von Lkw-Registrierungen bei einem Mietwagenunternehmen zurückzuführen. Im Vergleich zu 2019 liegt die Lkw-Zahl 2024 um 27 Prozent höher. Auch die Zahl der Krafträder (vor allem Motorräder) ist 2024 um 4,1 Prozent deutlich gestiegen (gegenüber 2019 um 14 Prozent).
Die MIV-Detektoren – Induktionsschleifen im Boden, welche die durchfahrenden Kfz zählen – in den Hauptverkehrsstraßen registrierten 2024 im Vergleich zu 2023 im Durchschnitt einen minimalen Rückgang des Kfz-Verkehrs um 0,3 Prozent. Im Vergleich zu 2019 liegt 2024 das Kfz-Aufkommen somit weiterhin bei minus 6 Prozent. Diese Entwicklung deckt sich tendenziell mit den Detektorwerten aus anderen Großstädten Deutschlands.
Beim Radverkehr bestanden 2024 durch Baustellen Datenlücken bei den sechs Raddauerzählstellen. Tendenziell gab es jedoch einen leichten Rückgang, da insbesondere das erste Halbjahr deutlich mehr Regentage (plus 50 Prozent) hatte als das Vorjahreshalbjahr. Das Gesamtjahr 2024 zeigt jedoch auch ein uneinheitliches Bild bezüglich der Regentage. Es gab 2024 14 Prozent mehr mittelstarke Regentage mit über fünf Millimeter Niederschlag als 2023, leichte (>1mm) und starke (>10mm) Regentage gab es jedoch seltener als im Vorjahr. Der leichte Rückgang des Radverkehrs 2024 wurde auch in Hamburg und Hannover registriert und mit dem Niederschlag begründet.
Beim ÖPNV der MVG – also bei den städtischen Bussen, Tram- und U-Bahnen – ermittelten die automatischen Fahrgastzählsysteme einen starken Anstieg der Fahrgastzahlen von 8 Prozent in 2024 im Vergleich zum Vorjahr, Wert von 2019 wurde somit wieder erreicht. Die Fahrgastzahlen der U-Bahn stiegen im Vorjahr um 10 Prozent (somit 5 Prozent über 2019), der Tram um 4 Prozent (noch 4 Prozent unter 2019) und der MVG-Busse um 6 Prozent (noch 5 Prozent unter 2019).
Die Fahrgastzahlen der S-Bahn-München im Gesamtnetz nahmen 2024 um 2 Prozent zu, lagen aber somit noch 11 Prozent unter dem Wert von 2019. Interessanterweise hat sich der Corona-Trend (Verlagerung auf die Nebenzeiten und auf das Wochenende) umgekehrt, die Hauptverkehrszeit wächst wieder, die Nebenverkehrszeit schrumpft. Hier scheint eine Art Selbstkorrektur im Nutzerverhalten stattzufinden. Auch der Trend „Wochenende vs. Werktag“ scheint gestoppt bzw. eine Korrektur einzutreten, das heißt von Montag bis Freitag sind die Fahrgastzahlen der S-Bahn um 3 Prozent gewachsen, am Wochenende um 2 Prozent geschrumpft.
Beim Flugverkehr am Flughafen München gab es 2024 12 Prozent mehr Fluggäste als 2023, jedoch lag der Wert 2024 immer noch um rund 13 Prozent unter dem Wert von 2019.

Entwicklung der Verkehrsmengen im Kfz-Verkehr (MIV) und Radverkehr und der Fahrgastzahlen im ÖPNV seit 2017 (Quelle: zirka 100 MIV-Detektoren, vier Raddauerzählstellen der Stadt München und Fahrgastzählsysteme der MVG)
Fazit
Die neuesten Zahlen zur Mobilität in München zeigen, dass sich das Mobilitätsverhalten in München sowohl auf den Fuß- und Radverkehr als auch ein resilientes ÖV-System verlagert hat und somit nachhaltiger und weniger abhängig vom Autoverkehr wurde. In der Konkurrenz der urbanen Wirtschaftsstandorte wird es immer wichtiger, Arbeitnehmer*innen ein attraktives Wohn- und Lebensumfeld zu bieten. Hierzu gehört auch ein urbanes Umfeld mit attraktiven und nachhaltigen Mobilitätsangeboten und Lebensqualität.
Das Homeoffice hat sich bei einem Niveau von knapp 20 Prozent an Werktagen eingependelt und liefert einen Beitrag zur Reduktion von Arbeitswegen, insbesondere bei Arbeitnehmer*innen, die relativ weit vom Arbeitsplatz entfernt wohnen.
Unverändert ist weiterhin der Besetzungsgrad im Pkw mit einem Wert von durchschnittlich 1,4 Personen pro Fahrzeug. Insbesondere beim Pendlerverkehr ist der Besetzungsgrad besonders niedrig, und es braucht weiterhin Strategien, um den Besetzungsgrad mit Anreizen im Rahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements oder durch sogenannte High-Occupancy-Lanes zu erhöhen und somit das Verkehrssystem effizienter und nachhaltiger zu machen.
Die rückgängige Verkehrsmenge beim Kfz-Verkehr und der gleichzeitig steigende Kfz-Bestand zeigen zudem, dass die Notwendigkeit für ein übergreifendes Management des Straßenraums und hier insbesondere des Parkraummanagements nötig ist und gleichzeitig Potenziale für Sharing-Angebote vorhanden sind.
Durch zusätzliche Angebote im Umweltverbund allein lassen sich die von den Städten gesetzten und die bundespolitisch verankerten Ziele für den Verkehr nicht erreichen. Zu einer kohärenten Verkehrspolitik und einer insgesamt guten Verkehrssteuerung gehört das Verknüpfen der Angebotsverbesserungen mit sogenannten Push-Maßnahmen. Bei Push-Maßnahmen kann es sich zum Beispiel um Tempolimits, schmalere oder weniger Fahrspuren, Durchfahrtsbeschränkungen, die Reduzierung von Parkmöglichkeiten oder um zusätzliche Kosten handeln. Aufgrund der Flächenkonkurrenzen im Siedlungsbestand sind Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr oftmals nicht ohne Reduzierung der Flächen für den motorisierten Verkehr zu erreichen.
Der Autor:
Attila Lüttmerding hat Geographie und Physik studiert und leitet seit 4 Jahren im Mobilitätsreferat der Stadt München die Abteilung Grundlagen und Daten.
Dieser Text stammt aus dem Online-Magazin STANDPUNKTE 07./08./09.2025 Scheitert die Mobilitätswende?
Bildquellen:
- Fahrräder, Tram und Bus am Hauptbahnhof: Friedrich Grössing
- Vergleich des Anteils der Verkehrsmittel: LHM
- Entwicklung Verkehrsmengen Kfz-Verkehr: LHM