Freizeitsport vor Ort

| Sandra Tänzler und Maria Hemmerlein |

Die Landeshauptstadt München investiert erhebliche Ressourcen, um neben dem Spitzensport auch den Vereins- und Breitensport zu fördern. Gedacht als Sportanlagen für alle, sind Bezirkssportanlagen zum einen von Vereinen und Schulen sehr ausgelastet, zum anderen sind sie als Sportstätten für alle relativ unbekannt. Das ließe sich ändern.

Hand aufs Herz: Wissen Sie, was Bezirkssportanlagen sind? Und wissen Sie, wofür sie da sind oder wo die nächstgelegene sich befindet?

Insgesamt betreibt die Stadt 24 Bezirkssportanlagen sowie 13 Freizeitsportanlagen. Auf der Website der LH München findet man zu Bezirkssportanlagen folgenden Hinweis:

Die Münchner Bezirkssportanlagen sind zu folgenden Zeiten (Änderungen vorbehalten) für alle zugänglich:

  • montags bis mittwochs von 8 bis 22 Uhr
  • donnerstags bis freitags von 14:30 bis 22 Uhr

Ausgenommen sind die Zeiten, in denen die Anlagen durch Vereinssport (meist von 16 bis 22 Uhr) oder durch Schulsport (meist von 8 bis 17 Uhr) belegt sind.

Das klingt zunächst nach einer großartigen Möglichkeit, wohnortnah alleine oder als Gruppe in der Freizeit Sport zu treiben. Alle Anlagen bestehen aus Fußballfeldern und in der Regel auch Leichtathletik-Anlagen. Neuere Anlagen haben Einrichtungen für die unterschiedlichsten Sportarten.

Aber sind diese Sportanlagen wirklich für alle zugänglich? Im Prinzip ja, der Teufel steckt aber im Detail. Denn die meisten dieser Sportanlagen sind stark durch die regelmäßigen Trainingszeiten der Vereine und die Anforderungen der umliegenden Schulen ausgelastet.

Sportstätten für alle?

Historisch betrachtet bestanden die städtischen Sportanlagen hauptsächlich aus Fußballplätzen. Daher waren auch die Einrichtungen wie Umkleiden und die in der Regel angeschlossene Gastronomie auf ein männliches Publikum ausgerichtet. Noch bis vor ein paar Jahren wurde bei Sanierungen auf ein sehr reduziertes Raumprogramm zurückgegriffen und die Dominanz des Fußballs nicht in Frage gestellt.

Erst in den Jahren 2015 bis 2018, insbesondere durch das Engagement der Gleichstellungsbeauftragten der Bezirksausschüsse und der Gleichstellungsstelle der LH München, wurde ein Diskussionsprozess über die Angebote in den Bezirks- und Freizeitsportanlagen angestoßen.

Dabei ist es doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass Sportanlagen, in die erhebliche Ressourcen fließen, man denke nur an den in Städten notorisch knappen Grund und Boden, allen zur Verfügung stehen sollen. Nicht nur, was das Angebot an Sportarten betrifft – hier gibt es statistisch klar unterschiedliche Präferenzen von Männern und Frauen, Mädchen und Jungen – sondern auch, was die Zugänglichkeit für Menschen mit körperlichen Einschränkungen betrifft. Auch die Möglichkeiten, als Familie gemeinsam Sport treiben zu können, war ein Anliegen, das zu dieser Zeit an Bedeutung gewann und eingefordert wurde.

Neue Ära der Sportentwicklungsplanung

2019 begann das Sportamt, heute der Geschäftsbereich Sport im Referat für Bildung und Sport, eine umfassende Sportentwicklungsplanung für das Stadtgebiet Südwest zu entwickeln. Diese umfasste die Stadtbezirke Sendling, Westpark, Hadern, Forstenried, Fürstenried, Solln und Obersendling. Dabei sollten Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt, neue Bedarfe erkannt und überprüft sowie das weitere Vorgehen für die Erneuerung der Sportanlagen festgelegt werden. Weitere Stadtbezirke folgten.

Bis heute, also 2024, können einige der Bezirkssportanlagen schon in ihrer neuen Gestalt besichtigt werden. Eine umgestaltete Anlage liegt beispielsweise am Surheimer Weg in der Nähe des Südparks. Hier gibt es neben den klassischen Fußballplätzen eine Beach-Volleyball-Anlage, eine Sandgrube und ein Multifunktionsfeld mit Basketballkörben.

Ergebnisse dieser neuen Sportplanung waren insbesondere:

  • Die Bezirkssportanlagen sind auf zusätzliche Sportarten ausgelegt
  • Es gibt Mehrzweckräume für z. B. Gymnastik- und Yogakurse
  • Es gibt ausreichend Umkleiden für Männer und Frauen sowie diverse Personen
  • Es gibt Aufenthaltsmöglichkeiten für Begleitpersonen und Spielplätze für kleinere Geschwister
  • Die Anlagen werden barrierefrei gebaut
  • Es gibt teilweise moderne Gastronomie

Dies alles ist ein großer Fortschritt. Dennoch gibt es natürlich auch weiterhin einiges zu verbessern.

Bezirkssportanlagen vs. Freizeitsportanlagen – mehr Nachteile als Vorteile?

Da ist zum einen der Unterschied zwischen Bezirkssportanlagen und Freizeitsportanlagen. Die Verwaltung möchte in Zukunft mehr Freizeitsportanlagen entwickeln. Die Namensgebung ist etwas irreführend. Der Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Anlagen liegt weniger im Angebot und den Nutzungsmöglichkeiten, sondern lediglich in der organisatorischen Aufstellung:

Bezirkssportanlagen werden direkt von der Landeshauptstadt München in Person eines Platzwarts verwaltet, während Freizeitsportanlagen von ansässigen Vereine in Eigenregie organisiert werden. Es liegt nahe, dass Vereine, die in eine Anlage sehr viel ehrenamtliche Arbeit investieren, dazu tendieren, die Anlage als ihre eigene zu betrachten und Nutzungen durch Dritte tendenziell eher kritisch sehen.

Eine Alternative wäre die Übertragung von Betrieb und Verwaltung auf ein modernes Facility Management, das für lange Öffnungszeiten und einen „diskriminierungsfreien“ Zugang sorgen könnte.

München wächst weiter – Sportstätten sind stark ausgelastet

Wie bereits erwähnt, sind Vereine und Schulen die Hauptnutzer der Anlagen. Trotzdem gibt es insbesondere an den Nachmittagen oder am Wochenende Zeiten, in denen alle Bürgerinnen und Bürger diese Anlagen nutzen können.

Eine Belegung sieht dann exemplarisch so aus:

Exemplarischer Belegungsplan einer Bezirkssportanlage

Exemplarischer Belegungsplan einer Bezirkssportanlage

Auch wenn also manches Zeitfenster nicht belegt ist, sind die tatsächlichen Möglichkeiten dann doch sehr begrenzt.
Vereine in München, die das Privileg haben, in einer der 37 Sportstätten untergekommen zu sein, haben gegenüber neuen Vereinen dadurch einen großen Vorteil, aber auch sie berichten von oft nicht erfüllbaren Wünschen vieler Eltern, die für ihre Kinder nach Möglichkeiten suchen, außerhalb der Schule regelmäßig Sport zu treiben.

Daneben haben dann Einzelpersonen oder Gruppen von Personen, die privat zusammen Sport treiben wollen, besondere Schwierigkeiten, dafür einen Platz zu finden. Gerade in stark verdichteten Wohngebieten ist der Bedarf aber enorm.

Bezirkssportanlagen punkten mit Wohnortnähe

Vor kurzem wurde im Münchner Süden der Siemens-Sportpark eröffnet. Dieser ist eine großartige Bereicherung der Münchner Sportwelt, löst das Problem der fehlenden Infrastruktur aber nicht. Insbesondere Kinder und Familien sind auf Wohnortnähe angewiesen. Es wäre deshalb dringend notwendig, die Informationen über freie Plätze und Räume über eine bessere Öffentlichkeitsarbeit zu optimieren.

Organisatorische Optimierung gewünscht

Wie wäre es also möglich, die bestehende Infrastruktur besser nutzbar zu machen?
Zum einen durch die Ausweitung von Nutzungszeiten unabhängig von Dienstzeiten der Platzwarte mit Hilfe von Anbietern von Facility Management.
Zum anderen sollten die Belegungspläne und Buchungsmöglichkeiten für freie Zeiten auf freien Anlagen im Internet zu finden sein, so wie zum Beispiel in Hamburg |1|. Für alle Anlagen sind Belegungen sowie freie Plätze dort im Internet abrufbar. Sportinteressierte können sich damit dann auch kurzfristig entscheiden und in ihrer Nähe Sport treiben. Auch die Stadtwerke München machen die durch Vereine und Schulen belegten Bahnen der Schwimmbäder im Internet sichtbar. |2|

In München gibt es lediglich Aushänge an den betreffenden Anlagen (siehe oben), was es natürlich eher kompliziert macht, freie Plätze zu bestimmten Zeiten zu finden.

Öffnung von Schulhöfen

Eine weitere schnelle Ausweitung von Bewegungsräumen gerade für Kinder und Jugendliche wäre die Öffnung der Schulhöfe an den Nachmittagen und vor allem am Wochenende. Dies scheitert in München häufig an der „natürlichen“ Interessensdivergenz zwischen der Schulleitung, den Hausmeistern und dem Elternbeirat auf der einen Seite und den Schülerinnen und Schülern auf der anderen Seite. Letztere werden bei der Entscheidungsfindung meist gar nicht gefragt.

Wünschenswert wäre hier eine generelle Öffnung, die stadtweit von der Verwaltung vorgegeben und organisatorisch (Aufsicht, Pflege) abgesichert würde.

Fazit

Der LH München als weiter wachsender Stadt sollte daran gelegen sein, vorhandene Ressourcen im Interesse der Bevölkerung zu optimieren, diese für alle Bevölkerungsgruppen fair zu verteilen und neue Möglichkeiten z. B. in Parks und Grünanlagen (siehe Siemens-Sportpark) sowie auf Schulgeländen zu erschließen.

 

Die Autorinnen:

Sandra Tänzler ist Diplom-Bauingenieurin und ehrenamtliches Mitglied im Bezirksausschuss Sendling-Westpark. In dieser Funktion setzt sie sich für einen fahrradfreundlichen Stadtbezirk ein und unterstützt Ideen zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Raums.

Maria Hemmerlein ist Theologin und Ökonomin, seit 10 Jahren ist sie Mitglied im Bezirksausschuss Sendling-Westpark und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit ökologischer und sozialer Quartiersentwicklung sowie Geschlechtergerechtigkeit.

 

Dieser Text stammt aus dem Online-Magazin STANDPUNKTE 10./11./12.2024 zum Themenschwerpunkt “München und der Sport”

 

Bildquellen:

  • Information zur Benutzung eines Schulhofs: Sandra Tänzler
  • Exemplarischer Belegungsplan einer Bezirkssportanlage: Sandra Tänzler
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